Viertes Bürokratieentlastungsgesetz
Am 1.1.2025 trat das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) in Kraft, das auch zur Anpassung arbeitsrechtlicher Regelungen geführt hat. Insbesondere wurde in einigen Bereichen die bisher gesetzlich vorgeschriebene strenge Schriftform (§ 126 BGB) durch die flexiblere elektronische Form (§ 126a BGB) oder Textform (§ 126b BGB) ersetzt. Verlangt das Gesetz Schriftform, muss ein Vertrag oder Dokument schriftlich abgefasst, von den beteiligten Parteien eigenhändig mit dem eigenen Namen unterschrieben und in dieser Form dem jeweiligen Empfänger ausgehändigt werden. Bei vorgeschriebener Textform muss der Vertrag oder das Dokument nicht handschriftlich unterschrieben sein; es genügt eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden mit vollständigem Namen angegeben wird. Bei vorgeschriebener elektronischer Form kann die eigenhändige Unterschrift durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden.
Die für die Praxis wichtigsten Lockerungen der Schriftform betreffen folgende Bereiche[1]:
1. Form von Arbeitsverträgen
Unbefristet geschlossene Arbeitsverträge unterliegen grundsätzlich keiner bestimmten Form. Sie können daher auch mündlich oder durch schlüssiges Handeln wirksam geschlossen werden. Allerdings musste der Arbeitgeber bislang die wesentlichen Vertragsbedingungen in Schriftform festhalten, unterschreiben und dem betreffenden Arbeitnehmer im Original aushändigen. Dadurch war es dem Arbeitgeber bisher nicht möglich, den Abschluss von Arbeitsverträgen vollständig elektronisch zu gestalten. Seit Januar 2025 ist dies nun möglich, da der Nachweis der Vertragsbedingungen in Textform ausreicht (§ 2 Abs. 1 NachwG n. F. i. V. mit § 126b BGB). Arbeitsverträge können somit seither komplett digital abgeschlossen werden. Befristete Verträge müssen nach wie vor schriftlich gefasst werden.
Arbeitgeber bestimmter Branchen sind von dieser Lockerung indes ausgenommen. Für Unternehmen, die in einem Wirtschaftsbereich oder Wirtschaftszweig nach § 2a Abs. 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz tätig sind (wie etwa im Bau- und Gaststättengewerbe, im Gebäudereinigungsgewerbe oder in der Fleischwirtschaft), gilt weiterhin das Gebot, die Arbeitsbedingungen in Schriftform zur Verfügung zu stellen (§ 2 Abs. 1 Satz 6 NachwG n. F.). Und auch befristete Arbeitsverträge müssen – branchenunabhängig – weiterhin schriftlich abgeschlossen werden (§ 14 Abs. 4 Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge – TzBfG).
Anmerkung:
Lediglich für die in Arbeitsverträgen häufig vereinbarte „Altersgrenzenklausel“, wonach mit Erreichen der Regelaltersgrenze das Arbeitsverhältnis automatisch enden soll, ist seit dem 1.1.2025 ebenfalls die Nutzung der Textform erlaubt (§ 41 Abs. 2 SGB VI n. F.).
2. Weitere Personalangelegenheiten mit gelockerten Formvorschriften
Auch Arbeitszeugnisse können seit dem 1.1.2025 in elektronischer Form erteilt werden, sofern der betreffende Beschäftigte hiermit einverstanden ist (§ 109 Abs. 3 Gewerbeordnung – GewO).
Zudem darf der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher seit dem 1.1.2025 in Textform geschlossen werden (§ 12 Abs. 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes n. F.).
Bestimmte gesetzlich vorgeschriebene Informationen müssen seit dem 1.1.2025 nicht mehr zwingend in Papierform ausgehängt werden. Arbeitgeber dürfen diese Informationen stattdessen auf elektronischem Weg bereitstellen, etwa im Intranet. Dies betrifft insbesondere das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG), Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zur Arbeitszeit (§ 16 ArbZG n. F., § 47 JArbSchG n. F.).
Für die Geltendmachung und Inanspruchnahme oder die Ankündigung der Inanspruchnahme von Pflegezeit oder Familienpflegezeit reicht seit dem 1.1.2025 die Textform aus. Dies gilt künftig gleichermaßen für den Antrag auf Elternzeit oder Elternteilzeit für Kinder, die ab dem 1.5.2025 geboren werden. Auch für eine etwaige arbeitgeberseitige Ablehnung des Antrags wird dann die Textform genügen.
Arbeitsvertrag: Vertraulichkeitsklausel, Catch-All-Klausel unzulässig
Ebenfalls üblicher Bestandteil von Arbeitsverträgen sind Vertraulichkeits- oder Geheimhaltungsklauseln, die den Arbeitnehmer umfassend und nachvertraglich zum Stillschweigen über interne Vorgänge des Arbeitgebers verpflichten sollen.
Solche Klauseln unterliegen als vom Arbeitgeber vorformulierte Vertragsbedingungen einer umfassenden AGB-Kontrolle und dürfen den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Genau dies ist jedoch gegeben, wenn eine vom Arbeitgeber vorformulierte Klausel den Arbeitnehmer bezüglich aller internen Vorgänge beim Arbeitgeber über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus zeitlich unbegrenzt zum Stillschweigen verpflichten soll (sog. Catch-all-Klausel). Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG Urteil v. 17.10.2024 – 8 AZR 172/23) entschieden.
Eine nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht könne sich allenfalls auf einzelne, konkret bestimmte Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers beziehen. Die Vereinbarung einer inhaltlich und zeitlich unbeschränkten Verschwiegenheit sei unangemessen. Sie stehe zudem im Widerspruch zum gesetzlichen Konzept des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, welches die Zahlung einer Karenzentschädigung an den Arbeitnehmer für die Dauer der nachvertraglichen Wettbewerbsenthaltung vorschreibe (§§ 74 ff. HGB).
Hinweis:
Die nach dem aktuellen Urteil des BAG geforderten Voraussetzungen für die Gestaltung einer wirksamen umfassenden nachvertraglichen Verschwiegenheitsklausel werden sich in der Praxis kaum umsetzen lassen. Im Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses werden Arbeitgeber regelmäßig keine konkreten Informationen oder Geheimnisse benennen können, die für den Fall einer (oftmals Jahre später anstehenden) Beendigung des Arbeitsverhältnisses relevant werden können.
Urlaubsanspruch während der Elternzeit
Geht ein Arbeitnehmer in Elternzeit, stehen ihm häufig noch offene Urlaubsansprüche zu. Zudem entstehen auch während der Elternzeit weitere Urlaubsansprüche. Arbeitgeber können die während der Elternzeit entstehenden Ansprüche zwar um je ein Zwölftel für jeden vollen Kalendermonat kürzen (§ 17 Abs. 1 BEEG). Dies gilt allerdings nicht automatisch, wie das BAG (Urteil v. 16.4.2024 – 9 AZR 165/23,) klargestellt hat. Vielmehr müssen Arbeitgeber im noch bestehenden Arbeitsverhältnis sowie während der laufenden Elternzeit eine entsprechende Erklärung gegenüber den betreffenden Arbeitnehmern abgeben. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist es für eine solche Erklärung zu spät, eine Kürzung ist dann nicht mehr möglich.
Anmerkung:
Arbeitgeber sind daher gut beraten, die Kürzungserklärung bereits bei Bestätigung der Inanspruchnahme von Elternzeit abzugeben.
Diese Informationen stellen keine rechtliche oder steuerliche Beratung oder gar eine verbindliche Auskunft dar und können eine Einzelfall-Beratung nicht ersetzen. Für etwaige Erläuterungen oder Nachfragen stehen wir Ihnen auch persönlich gern zur Verfügung. Bei Fragen zum Arbeitsrecht wenden Sie sich bitte an Herrn Rechtsanwalt Oliver Stumm, Tel.-Nr. 06421/4006-120 und Frau Rechtsanwältin Ann-Christin-Bach, Tel.-Nr. 06421/4006-128.
GWB Boller & Partner mbB
Steuerberater Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte
[1] Prof. Dr. Klaus Olbertz, NWB Nr.12, 21.03.2025, S. 789 ff.