Arbeitgeberbewertungsportale
Das OLG Hamburg hat eine für Arbeitgeber positive Entscheidung zu Arbeitgeberbewertungsportalen getroffen, die allerdings noch nicht endgültig ist. Nicht selten werden sich Arbeitgeber über schlechte anonyme Unternehmensbewertungen auf Kununu oder anderen Arbeitgeberbewertungsportalen ärgern. Hilfe für Arbeitgeber könnte eine aktuelle Entscheidung des OLG Hamburg (Beschluss v. 8.2.2024 – 7 W 11/24) bieten.
Fall:
Der Arbeitgeber G war auf dem Arbeitgeberbewertungsportal Kununu schlecht beurteilt worden. G verlangte von Kununu Informationen über die bewertenden Personen, um zu überprüfen, ob es sich bei den Bewertern tatsächlich um (ehemalige) Arbeitnehmer des Unternehmens handelte. Kununu erfragte Nachweise von den bewertenden Personen über ihre Tätigkeit bei G ab. G sah diese – anonymisierten – Nachweise für die Identifikation der Personen nicht als ausreichend an.
Im Weg eines einstweiligen Verfügungsverfahrens entschied das Gericht, dass Arbeitgeber negative Bewertungen nicht mehr ohne Weiteres hinnehmen müssen. Vielmehr seien Plattformen wie Kununu verpflichtet, die Klarnamen der Verfasser an den Arbeitgeber weiterzugeben, damit dieser die Echtheit der Bewertungen nachprüfen kann. Werde ihm dies verwehrt, könne der Arbeitgeber die Löschung der Bewertung verlangen. Es reiche nicht aus, dem Arbeitgeber ausschließlich anonymisierte Daten zur Verfügung zu stellen, aufgrund derer eine Verifikation der bewertenden Person nicht möglich ist. Der Portalbetreiber müsse die Anonymität aufheben und bei Zweifeln an der Echtheit die Bewertung sogar dauerhaft löschen. Der Umstand, dass negative Bewertungen zu Repressalien im laufenden Arbeitsverhältnis führen könnten, rechtfertigt nach dem OLG Hamburg keine andere Sicht. Auch auf Datenschutzgesichtspunkte könne sich das Bewertungsprotal nicht berufen. Das Risiko, ob das Bewertungsportal den Urheber der Bewertung namhaft machen darf, trage das Portal.
Anmerkung:
Die Entscheidung des OLG Hamburg hat für umfangreiche Berichterstattung in den Medien gesorgt. Sollte sich die Rechtsansicht des OLG Hamburg durchsetzen, würde dies ein rechtliches Vorgehen für die Bewerteten durchaus erleichtern. Die Portale würden u. U. bei einer konkreten Beanstandung vor die Wahl gestellt, ob sie möglicherweise die Identität des Verfassers aufdecken wollen oder die Bewertung vorsichtshalber löschen, um nicht selbst haftbar gemacht zu werden. Das letzte Wort ist jedoch noch nicht gesprochen. Im Hauptsacheverfahren steht die Entscheidung des OLG Hamburg (Az. 7 U 31/24) noch aus.[1]
Arbeitsvertragsgestaltung – Verfallklauseln/Ausschlussfristen
Regelmäßiger Bestandteil von Arbeitsverträgen sind vereinbarte Ausschlussfristen, auch Verfallklauseln genannt. Danach sollen arbeitsvertragliche Ansprüche vorzeitig (also vor Verjährungseintritt) verfallen, d. h. endgültig untergehen, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden. Um den Arbeitnehmer nicht unangemessen zu benachteiligen, müssen solche Verfallklauseln allerdings als vom Arbeitgeber vorformulierte Vertragsbedingungen einer umfassenden AGB-Kontrolle (§§ 305 ff. BGB) standhalten.[2] Dies setzt nicht nur voraus, dass die Regelungen für beide Seiten gelten und die Ausschlussfrist mindestens drei Monate beträgt. Vielmehr müssen auch bestimmte Ansprüche wie etwa solche auf den gesetzlichen Mindestlohn und aus Vorsatzhaftung ausdrücklich von der Regelung ausgenommen sein (BAG, Urteil v. 24.5.2022-9 AZR 461/21, BAG, Urteil v. 22.10.2019 – 9 AZR 532/18).
Einer solchen konkreten Herausnahme von Ansprüchen, die sich aus der DSGVO ergeben, bedarf es zur Wirksamkeit einer Ausschlussklausel indes nicht (LAG Hamburg, Urteil v. 11.6.2024 – 3 SLa 2/24).
Fall:
Arbeitnehmerin N stand in einem Arbeitsverhältnis mit Arbeitgeberin G. Der Arbeitsvertrag enthielt eine Ausschlussklausel mit einer dreimonatigen Ausschlussfrist. Die Ausschlussklausel sollte ausdrücklich nicht gelten für Ansprüche, die auf einer „Haftung wegen vorsätzlichen Handelns beruhen“ und für „Ansprüche auf Vergütung der Arbeitsleistung in Höhe des jeweiligen gesetzlichen Mindestlohns“. N machte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Abgeltung ausstehender Urlaubsansprüche geltend, jedoch erst nach Ablauf der arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlussfrist. G lehnte die Urlaubsabgeltung ab. Daraufhin erhob N Zahlungsklage und bewertete die Ausschlussklausel u. a. aufgrund der fehlenden Herausnahme etwaiger Ansprüche nach der DSGVO als unwirksam.
Das LAG Hamburg folgte der Argumentation der Arbeitnehmerin hingegen nicht und wies die Klage ab. Die Ausschlussklausel sei wirksam. Die fehlende Herausnahme von Ansprüchen aus der DSGVO schade nicht.
Anmerkung:
Für die Praxis bleibt zu hoffen, dass diese Entscheidung auch im anhängigen Revisionsverfahren beim BAG (Az. 9 AZR 152/24) Bestand haben wird. Andernfalls dürften die allermeisten der bislang in der Vertragspraxis verwendeten Ausschluss- und Verfallklauseln unzulässig sein, sehen diese jedoch standardmäßig keine ausdrückliche Herausnahme von Ansprüchen nach der DSGVO vor.
Datenschutz
Eine Google-Recherche, die ein nach Mitarbeitern suchendes Unternehmen über einen Stellenbewerber vornimmt, kann datenschutzrechtlich zulässig sein (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. b DSGVO). Allerdings muss der Arbeitgeber den Bewerber hierüber informieren (Art. 14 DSGVO). Diese Information muss so präzise und spezifisch sein, dass die betroffene Person die Risiken abschätzen kann, die mit der Verarbeitung der erhobenen Daten verbunden sein können. Kommt der Arbeitgeber dieser Informationspflicht nicht nach und verwertet die erlangte Information im Stellenbesetzungsverfahren, steht dem Bewerber ein Entschädigungsanspruch (Art. 82 Abs. 1 DSGVO) nach Auffassung des LAG Düsseldorf zu (LAG Düsseldorf, Urteil v. 10.4.2024 – 12 Sa 1007/23).
Fall:
B hatte sich auf eine von einer Universität ausgeschriebenen Stelle beworben. Im Auswahlverfahren merkte ein Mitarbeiter der Universität an, dass ihm der Name des Bewerbers bekannt vorkäme. Eine Google-Recherche ergab, dass B erstinstanzlich wegen versuchten Betrugs in mehreren Fällen zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. B wurde in den Fällen hauptsächlich vorgeworfen, Bewerbungen fingiert zu haben, um Entschädigungszahlungen wegen Diskriminierung von potenziellen Arbeitgebern einzufordern. Über die Google-Recherche wurde B, der letztlich abgelehnt wurde, vorab nicht informiert. Er erfuhr erst durch spätere Akteneinsicht davon. Das hielt er für unrechtmäßig und forderte Schadensersatz. Das Gericht sah die Verarbeitung der Daten aus der Google-Recherche als rechtmäßig an. Die Google-Recherche war in diesem Fall laut Gericht erforderlich, um festzustellen, ob der Bewerber für die Stelle geeignet ist. Jedoch wäre die potenzielle Arbeitgeberin verpflichtet gewesen, den Bewerber über die Verarbeitung der Daten zu informieren. Da das nicht passierte, verurteilte das Gericht die Universität zur Zahlung einer Entschädigung i. H. von 1.000 € an den Bewerber.
Anmerkung:
Internetrecherchen im Rahmen von Bewerbungsverfahren sind nicht ungewöhnlich, datenschutzrechtlich jedoch an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Dies gilt auch dann, wenn es um die Recherche öffentlich zugänglicher Daten geht, wie die o. g. Entscheidung des LAG Düsseldorf zeigt. Noch einmal ganz anders sieht die Rechtslage aus, wenn Arbeitgeber sich für Profile in sozialen Netzwerken interessieren, Daten erst nach erfolgter Anmeldung verfügbar sind und es um freizeitorientierte Netzwerke geht. Nach überwiegender Ansicht soll es im Grundsatz unzulässig sein, dass Arbeitgeber solche Informationen für ein Bewerbungsverfahren abfragen.
Diese Informationen stellen keine rechtliche oder steuerliche Beratung oder gar eine verbindliche Auskunft dar und können eine Einzelfall-Beratung nicht ersetzen. Für etwaige Erläuterungen oder Nachfragen stehen wir Ihnen auch persönlich gern zur Verfügung. Bei Fragen zum Arbeitsrecht wenden Sie sich bitte an Herrn Rechtsanwalt Oliver Stumm, Tel.-Nr. 06421/4006-120 oder Frau Rechtsanwältin Ann-Christin Bach Tel.-Nr. 06421/4006-128.
GWB Boller & Partner mbB
Steuerberater Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte
[1] Olbertz, NWB 12/2025 S.789FF
[2] Jähne, NWB 31/2024, S. 2138