Lohn-Mandanteninformation März 2017

von 10 Mrz, 2017Lohninfos

Das neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – Neuerungen zum 1. April 2017

Vom 1. April 2017 an gelten neue Vorschriften für die Leiharbeit.[1] Diese betreffen u. a. folgende Bereiche:

Höchstüberlassungsdauer 18 Monate

Leiharbeitnehmer dürfen ab dem 1. April 2017 bei demselben Entleiher nur noch 18 aufeinanderfolgende Monate beschäftigt werden.[2] Bei Überschreiten der Höchstüberlassungsdauer kommt es grundsätzlich zu einem Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher. Die Frist von 18 Monaten kann tarifvertraglich abweichend festgelegt werden.[3]

Unterbrechungszeit drei Monate

Leiharbeitnehmer dürfen auch wiederholt bei demselben Entleiher eingesetzt werden. Aber nur, wenn zwischen zwei Überlassungen an diesen mehr als drei Monate liegen, beginnt die Berechnung der Höchstüberlassungsdauer wieder von vorne.[4] Bei geringeren Unterbrechungen werden die Einsatzzeiten in demselben Einsatzunternehmen zusammengezählt.

Kennzeichnungspflicht

Die Überlassung von Arbeitnehmern muss nun in dem Vertrag zwischen Verleiher und Entleiher ausdrücklich als solche bezeichnet werden.[5] Geschieht dies nicht, wird ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer angenommen und es drohen Bußgelder.

Neue Regeln zur Festhaltenserklärung

Auch wenn die Verletzung der Kennzeichnungspflicht oder das Überschreiten der Höchstüberlassungsdauer zur Unwirksamkeit des Vertrags zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer und folglich ein Arbeitsverhältnis zu dem Entleiher angenommen wird, kann der Leiharbeitnehmer nunmehr innerhalb eines Monats erklären, dass er an dem Arbeitsverhältnis zu dem Verleiher festhalten möchte.[6] Dabei sind bestimmte Formalien zu beachten.

Verschärfung des Equal Pay-Grundsatzes

Leiharbeitnehmer müssen spätestens nach neun Monaten das gleiche Arbeitsentgelt bekommen wie vergleichbare Stammbeschäftigte.[7] Laut Gesetzesbegründung umfasst das Arbeitsentgelt jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird, insbesondere Urlaubsentgelt, Sonderzahlungen, Zulagen und Zuschläge sowie vermögenswirksame Leistungen oder Vergütungen, die aufgrund gesetzlicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden müssen. Durch Branchenzuschlagstarifverträge können abweichende Regelungen getroffen werden.[8]

Kein Einsatz von Leiharbeitnehmern im Arbeitskampf

Leiharbeitnehmer dürfen künftig nicht mehr als Streikbrecher eingesetzt werden.[9] Allerdings wurde klargestellt, dass ihre Beschäftigung dann zulässig bleibt, wenn sie nicht Aufgaben wahrnehmen, die bisher von Streikenden verrichtet wurden.[10]

Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei Schwellenwerten

Leiharbeitnehmer sind zukünftig auch bei den betriebsverfassungsrechtlichen und für die Unternehmensmitbestimmung geltenden Schwellenwerten des Entleihers zu berücksichtigen; bei der Unternehmensmitbestimmung allerdings nur dann, wenn sie mehr als sechs Monate beschäftigt sind.[11]

Gesetzliche Definition des Arbeitnehmers

Durch eine Ergänzung des Bürgerlichen Gesetzbuchs werden die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses auf der Basis der bisherigen Rechtsprechung konkretisiert.[12] Damit soll vor allem der Verwendung vorgetäuschter Werkverträge entgegengewirkt werden.

 

Eingeschränkter Unfallschutz im Home-Office

Arbeitnehmer, die in einem Home-Office arbeiten, genießen keinen umfassenden Unfallschutz, wenn sie sich in ihrem Haus bewegen. Dies hat das Bundessozialgericht[13] im Falle einer Beschäftigten entschieden, die aufgrund einer Vereinbarung mit ihrem Arbeitgeber an einem Telearbeitsplatz im Dachgeschoss ihres Hauses arbeitete. Sie rutschte auf dem Weg zu der im Stockwerk darunter befindlichen Küche auf der Treppe aus, als sie Wasser zum Trinken holen wollte.

Nach Auffassung des Gerichts handelte es sich nicht um einen Arbeitsunfall.[14] Zum Unfallzeitpunkt habe die Arbeitnehmerin weder eine versicherte Tätigkeit ausgeübt,[15] noch habe sie sich auf einem Betriebsweg befunden.[16] Der Weg zur Küche sei im eigenen Interesse und nicht in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt worden. Die Arbeitnehmerin habe sich auch nicht auf einem versicherten Weg zum Ort der Nahrungsaufnahme befunden und sei nicht durch eine Wegeunfallversicherung geschützt gewesen.[17]

Das Gericht sah darin auch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber Versicherten, die außerhalb des Wohngebäudes ihre Beschäftigung ausüben und auf dem Weg zur Nahrungsaufnahme oder zum Einkauf von Lebensmitteln für den alsbaldigen Verzehr am Arbeitsplatz geschützt sind.

 

Erkrankter Mitarbeiter muss nicht zum Personalgespräch erscheinen

Ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, an einem Personalgespräch zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb teilzunehmen. So entschied das Bundesarbeitsgericht[18] im Fall eines Krankenpflegers, dessen Arbeitgeber ihn während einer längeren Erkrankung zwei Mal zum Personalgespräch gebeten hatte. Nachdem er beide Male unter Hinweis auf seine Erkrankung abgesagt hatte, wurde er abgemahnt.

Die Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte hatte Erfolg. Zur Arbeitspflicht des Arbeitnehmers gehört zwar auch die Pflicht zur Teilnahme an vom Arbeitgeber während der Arbeitszeit im Betrieb angewiesenen Gesprächen über Inhalt, Zeit und Ort der zu erbringenden Arbeitsleistung, soweit diese nicht anderweitig festgelegt sind.[19] Der arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer muss aber seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen und damit auch nicht im Betrieb erscheinen oder sonstige unmittelbare Nebenpflichten in Zusammenhang mit seiner Hauptleistungspflicht erfüllen. Etwas anderes gilt, wenn sein Erscheinen ausnahmsweise aus betrieblichen Gründen unverzichtbar ist und der Arbeitnehmer gesundheitlich dazu in der Lage ist.

 

Unfallschutz auch bei Weihnachtsfeier auf Abteilungsebene

Nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts[20] genießen Arbeitnehmer auch dann Unfallversicherungsschutz, wenn sie sich während einer auf Abteilungsebene organisierten, von der Betriebsleitung genehmigten Betriebsfeier verletzen. Es handele sich dann um einen Arbeitsunfall.[21] Die Veranstaltung diene dienstlichen Interessen, weil durch sie das Betriebsklima gefördert und der Zusammenhalt der Mitarbeiter untereinander gestärkt werde.

In dem konkreten Fall war eine Beschäftigte der Deutschen Rentenversicherung im Verlauf einer im Rahmen einer Weihnachtsfeier stattfindenden Wanderung gestürzt. Die Dienststellenleitung hatte Weihnachtsfeiern auf Sachgebietsebene gestattet. Daran nahm zwar kein Mitglied der Hausleitung teil, wohl aber die zuständige Sachgebietsleiterin. Alle Beschäftigten der Abteilung waren zu der Feier eingeladen.

Früher hatte das Gericht verlangt, dass die Unternehmensleitung persönlich an der Feier teilnehmen muss. Dies wurde nun aufgegeben.

 

Diese Informationen stellen keine rechtliche oder steuerliche Beratung oder gar eine verbindliche Auskunft dar und können eine Einzelfall-Beratung nicht ersetzen. Für etwaige Erläuterungen oder Nachfragen stehen wir Ihnen auch persönlich gern zur Verfügung. Bei Fragen zum Arbeitsrecht wenden Sie sich bitte an Herrn Rechtsanwalt Oliver Stumm, Tel.-Nr. 06421/4006-120.

GWB Boller & Partner mbB
Steuerberater Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte

 

[1]     Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze, BR-Drs. 627/16 (B), LEXinform 0444543.
[2]     § 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG.
[3]     § 1 Abs. 1b Sätze 3 bis 8 AÜG.
[4]     § 1 Abs. 1b Satz 2 AÜG.
[5]     § 1 Abs. 1 Satz 5 AÜG.
[6]     § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG.
[7]     § 8 Abs. 4 Satz 1 AÜG.
[8]     § 8 Abs. 4 Satz 2 AÜG.
[9]     § 11 Abs. 5 Satz 1 AÜG.
[10]    § 11 Abs. 5 Satz 2 AÜG.
[11]    § 14 Abs. 2 AÜG.
[12]    § 611a BGB.
[13]    BSG, Urt. v. 05.07.2016, B 2 U 5/15 R, NZS 2016, S. 948, LEXinform 1657007.
[14]    § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII.
[15]    §§ 2, 3 oder 6 SGB VII.
[16]    § 8 Abs. 1 u. Abs. 2 i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII.
[17]    § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII.
[18]    BAG, Urt. v. 02.11.2016, 10 AZR 596/15, LEXinform 0445322.
[19]    § 106 GewO.
[20]    BSG, Urt. v. 05.07.2016, B 2 U 19/14 R, LEXinform 1656911.
[21]    § 8 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII.

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