One-Stop-Shop-Verfahren: Erleichterungen im Europäischen Onlinehandel (B2C)

von 22 Sep, 2021Onlinehandel - Ecommerce

Der innergemeinschaftliche Versandhandel nach § 3c UStG heißt ab 1.7.2021 innergemeinschaftlicher Fernverkehr. Was ändert sich außer der Bezeichnung noch für Online-Händler? Und was hat es mit dem One-Stop-Shop-Verfahren (OSS-Verfahren) auf sich?

Grundprinzip: Bestimmungslandprinzip

§ 3c UStG regelt den sogenannten Ort der Lieferung bei Versand der Ware an einen Nichtunternehmer ins Gemeinschaftsgebiet entweder im Direktversand oder über eine Plattform, wie z.B. Amazon. Im innergemeinschaftlichen Fernverkehr gilt bei Überschreiten der Lieferschwelle das sogenannte Bestimmungslandprinzip, d. h. die Lieferung wird im Bestimmungsland versteuert.

Vorherige Regelungen: Viele verschiedene Lieferschwellen

Bis zum 30.6.2021 galten in allen EU-Mitgliedstaaten länderbezogene Lieferschwellen, bei deren Überschreiten die Lieferung im Bestimmungsland umsatzsteuerpflichtig war. Bei Überschreiten der Lieferschwelle wurde die Registrierung im jeweiligen Bestimmungsland notwendig und die Umsatzsteuer war in den jeweiligen Ländern zu melden und abzuführen. Ein aufwendiges und teures Verfahren für den Händler. Die Nachteile waren:

  • Unterschiedliche Lieferschwellen je nach europäischem Land
  • Registrierung im jeweiligen Land erforderlich
  • Hoher Aufwand bei den Steuererklärungen pro Land: Steuerberater vor Ort notwendig, eventuelle Sprachprobleme

Neue Regelung ab 1.7.2021: Einheitliche europaweite Lieferschwelle

Ab dem 1.7.2021 wurde eine einheitliche Lieferschwelle für Lieferungen ins Gemeinschaftsgebiet eingeführt. Bei Überschreiten der Lieferschwelle von 10.000 € netto pro Kalenderjahr für alle Lieferungen in das Gemeinschaftsgebiet gilt ebenfalls das Bestimmungslandprinzip, mit der Folge, dass alle Rechnungen mit der Umsatzsteuer des Bestimmungslandes auszustellen sind.

One-Stop-Shop-Verfahren: Funktionsweise und Vorteile

Um eine weitere Ausweitung der notwendigen Registrierungen und Meldungen zu verhindern, wurde zum 1.7.2021 das sogenannte OSS-Verfahren (One-Stop-Shop-Verfahren) eingeführt. One-Stop-Shop heißt, dass B2C-Umsätze in Länder der EU an eine zentrale Stelle gemeldet werden, dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Der Händler kann von diesem Verfahren Gebrauch machen und meldet sich beim BZSt (Bundeszentralamt für Steuern) für das OSS-Verfahren an.
Wichtig: Das OSS-Verfahren ist freiwillig. Ein Händler darf in den jeweiligen Ländern registriert bleiben, bzw. darf sich weiterhin in den jeweiligen Ländern registrieren.

So funktioniert die Umsatzsteuermeldung

Nutzt der Händler das neue OSS-Verfahren, meldet er pro Quartal seine Umsätze aus dem innergemeinschaftlichen Fernverkehr dem BZSt. Umsatzsteuer bezahlt er an das BZSt zum Ende des Monats, der auf das Quartalsende folgt. Bei einer Umsatzmeldung zum 30.9.2021 ist dies also der 31.10.2021.
Die Registrierung, Anmeldung und Zahlung der Umsatzsteuer in den verschiedenen europäischen Mitgliedstaaten entfallen mit dem OSS-Verfahren. Eine echte Erleichterung für Händler.

Beispiel: Ein Online-Händler liefert nach Frankreich und Österreich und nutzt das OSS-Verfahren

  • Fall 1: Sein Gesamtumsatz 2021 bleibt unter 10.000 €, der Händler darf seine Rechnungen mit deutscher Umsatzsteuer ausstellen.
  • Fall 2: Sein Gesamtumsatz übersteigt 10.000 €. Jetzt muss der Händler Lieferungen nach Frankreich mit französischer Umsatzsteuer und nach Österreich mit österreichischer Umsatzsteuer ausstellen.
  • Pro Quartal meldet der Händler seine Umsätze nach Österreich und Frankreich dem BZSt pro Quartal und bezahlt an das BZSt die entsprechende Umsatzsteuer.
  • Vorteil: Er muss jetzt nicht separat seine Umsätze an die entsprechenden Behörden in Frankreich und Österreich melden, sondern nur noch an eine einzige Behörde in Deutschland, dem BZSt.

Vorteile des OSS-Verfahrens

  • BZSt als zentrale Verwaltungsstelle
  • Einfache einmalige Registrierung
  • 1 Umsatzmeldung und 1 Umsatzsteuerzahlung pro Quartal

Je mehr europäische Länder ein Händler beliefert, desto größer die Vorteile durch das OSS-Verfahren.

Spezialfall Amazon

Allerdings entfallen nicht in allen Fällen Registrierungs- und Anmeldepflichten im EU-Ausland. Händler, die beispielsweise mittels der Amazon Waren vertreiben und dabei Waren aus Amazon-Lagern im EU-Ausland versenden, müssen z. B. die innergemeinschaftliche Warenbewegungen zwischen den Lägern und Lieferungen innerhalb eines EU-Landes im jeweiligen Land deklarieren. Dennoch wird sich der Umfang der Meldungen deutlich reduzieren und sich auf Länder mit Lägern im Ausland beschränken. Händler mit Lägern ausschließlich in Deutschland können uneingeschränkt vom OSS-Verfahren profitieren.

Wir helfen Ihnen beim internationalen Onlinehandel

Wir unterstützen Sie gerne bei der Registrierung und quartalsweisen Meldung im One-Stop-Shop-Verfahren (OSS-Verfahren). Aufgrund unserer Kontakte zu Steuerberatungskanzleien in den einschlägigen Amazonlager-Ländern unterstützen wir Sie ebenfalls gerne bei den verbleibenden Registrierungs- und Anmeldepflichten im Ausland.
Ferner unterstützen wir Sie, Ihre Finanzbuchhaltung an das OSS-Verfahren anzupassen, sowohl beratend als auch bei Ihrer laufenden Buchhaltung. Sprechen Sie mich gerne an.

Marburg, 20.9.2021
Beate Weber
Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, Diplom-Kauffrau

Label Digitale Kanzlei 2024

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